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Kurzgeschichte
„A Star is baked“

„Jürgen, hoch mit dir!“, forderte Karl ihn auf.
„Dann falle ich auseinander“, antwortete er, „ich bin zu labbrig.“
„Deshalb musst du ja schnell in den Ofen, mein Junge, sonst machst du es nicht mehr lange.“ 

Karl schob vorsichtig einen Pfannenwender unter seinen Freund.

„Kann ich nicht lieber Sport machen, um fest zu werden?“, schlug Jürgen vor und rutschte zurück auf die Arbeitsplatte. „Ich könnte das Nudelholz stemmen.“
„Wenn du damit eine falsche Bewegung machst“, warnte Karl, „brichst du dir den Rücken.“

Jürgen dachte nach. 

„Ich will nicht in den Ofen. Das Klima gefällt mir nicht. Ich verbrenne mich bestimmt!“
„Ich war auch schon drin“, beruhigte ihn Karl, „Und sieh mich an, ich sehe zum Anbeißen aus, oder?“
„Du bist viel kleiner als ich“, sagte Jürgen, „für dich war es nicht gefährlich, so kurz wie du drin warst. Außerdem bin ich noch nicht eingecremt.“

„Sei nicht ungeduldig“, besänftigte ihn sein Freund, „Du bekommst den Zuckerguss noch früh genug.“
„Ich rede nicht von der Verzierung. Weißt du wie hoch der UV-Wert im Backofen ist?
Ich muss mich schützen!“

Ein Salzstreuer kam angerannt: „Ich drehe durch!“, rief er und starrte Jürgen an,
„Bitte unterschreiben Sie auf meinem Deckel, ja? Ich bin ihr größter Fan.“

Jürgen unterschrieb. 

„Aber warten Sie mal“, bemerkte er anschließend, „Wir kennen uns ja gar nicht.“
„Doch“, entgegnete der Streuer, „Sie sind immer zur Weihnachtszeit in der Gegend.“
„Ach, Sie meinen bestimmt meinen Vater“, versuchte Jürgen das Rätsel zu lösen,
„Das müsste letztes Jahr gewesen sein.“
Der Salzstreuer hüpfte im Affenzahn auf und ab.
„Herrje, passen Sie doch auf!“, schimpfte Jürgen, „In der Küche brauchen wir nicht streuen. Oder erwarten Sie Bodenfrost?“ Er lachte so laut über seinen eigenen Witz, dass sein Bauch zu bröckeln begann. 

„Jetzt halt den Schnabel du Sabbelkopp“, mischte Karl sich plötzlich ein, packte Jürgens Beine und warf ihn wie ein Frisbee in den Ofen.

Kaum landete sein Freund auf dem Backblech, steckte er auch schon wieder den Kopf aus der Klappe. „Habe ich meine empfindlichen Augen erwähnt?“, fragte er und hielt sie mit zittrigen Teig-Händen zu, „Meine Netzhaut ist ganz schrumpelig.“
Karl musste unweigerlich zugeben, dass die zwei Korinthen definitiv schon bessere Zeiten gesehen hatten.

Er bekam Mitleid.

Fix zog er die Alufolie von der kleinen Schale neben sich ab, in der die Keks-Verwandtschaft friedlich schlummerte. Im Handumdrehen bastelte Karl eine silberne Brille und gab sie seinem Freund.
„Danke dir!“, freute sich Jürgen und gab sich damit endgültig geschlagen. 

Die Backofentür schloss sich.

„Jetzt holt er sich´nen heißen Arsch“, kicherte der Salzstreuer und wartete mit Karl eine viertel Stunde vor dem Ofen.
Es machte schließlich „Ping“ und ein vor Kraft strotzender Jürgen entstieg der Hitze.
Er nahm lässig seine Sonnenbrille ab und lächelte. „Leute“, flötete er zufrieden, „das war krass!“

Das Küchengeschirr applaudierte.

„Mach es wie die Rockstars!“, rief ihm Karl zu, „Stagediving!“
Jürgen überlegte nicht lange und nahm Anlauf.
Er sprang auf die Gruppe Elsa-Kekse vor ihm.
„Bei denen wird dir bestimmt schnell wieder kalt!“, lachte der Streuer. 

Doch Jürgen überhörte den Kommentar und ließ sich ausgiebig von ihnen feiern.
Die Teig Mädels trugen ihn zum geöffneten Fenster.
Volle Lotte pfefferten sie ihn in den Schnee.
„Cool!“, fiepte eine Elsa, „Jürgen dampft!“

Der Pfefferkuchenmann erhob sich aus dem pudrigen Weiß und sah, wie ihn alle anfeuerten. Karl warf ihm einen Kochlöffel zu. Jürgen holte tief Luft und sang:

„Bist du braun, kriegst du Frauen.”

Das Autogramm für den Salzstreuer sollte an diesem Tag nicht das letzte gewesen sein.