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Kurzgeschichte
„Das Baumhaus

„Ich habe ein schlechtes Blatt!“, murmelte Gerlinde.
„Das sagst du immer und am Ende gewinnst du dann doch. Was ist los mit dir in letzter Zeit?“, bohrte Eckart nach, „Geht es um das Spiel oder gefällt es dir hier nicht mehr?“

Gerlinde betrachtete die großen vergilbten Buchstaben über der Eingangstür.
‘Seniorenresidenz zur alten Eiche’ stand dort geschrieben. 

„Schau dir die Bewohner an!“, raunte sie, „Alle sind oben kahl. Unabhängig der Jahreszeit.“

„Deine Krone wird langsam auch eher zu einem Diadem, meine Liebe“, schmunzelte Eckart, „und wir waren uns doch einig, hier einzuziehen.“

„Gefallen muss es mir trotzdem nicht!“, zischte sie und begann zu flüstern: „Ich werde langsam hohl. Es fühlt sich an, als ob ich von Innen heraus verschwinde. Das macht mir Angst. Ich denke darüber nach, zu meinen Wurzeln zurück zu kehren.“

„Meine Liebe, sieh es bitte aus einem anderen Blickwinkel: Du bietest Lebewesen ein zu Hause.“

Gerlinde schmunzelte: „Hast du vom Baum der Erkenntnis genascht?“

„Lass uns zusammen morsch werden“, forderte er sie lächelnd auf. „Mit wem soll ich mich denn sonst darüber amüsieren, wenn die Birke Biggi wieder versucht, die Rolle des Weihnachtsbaumes zu ergattern?“

„Die Holzwürmer können noch so lange an ihr knabbern, eine schlanke Tanne wird sie nie!“, lachte Gerlinde, so dass ihr schlechtes Blatt zu Boden fiel.

Sie schaute Eckart an: „Du gibst!“