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Kurzgeschichte
„Die Untermieter“

Moritz und Max waren zwei grasgrüne Popel und wohnten in Jans Nase. Dieser war vier Jahre alt, rothaarig und besaß viele Sommersprossen auf seinem Gesicht.

Jedes Bällchen bewohnte ein Nasenloch ganz für sich allein. Da sie schüchtern waren, vermieden sie es außerhalb des Riechkolbens gesehen zu werden. Ab und an aber, wenn ihnen langweilig wurde, ärgerten sie Jan zu gerne. Sie krabbelten dann so weit aus dem Nasenloch, bis sie fast entdeckt wurden. Das machte den Nasen-, oder besser gesagt, den Nervenkitzel aus.

Moritz hatte sehr lange Beine. An heißen Sommertagen streckte er gerne eins aus der Nase, um sich abzukühlen. Hin und wieder kam es vor, dass genau in diesem Moment unglücklicherweise ein Kind vor Jan stand. Mit großen staunenden Augen sagte es dann: „Iiiihhhhh! Dir guckt ja ein Popel aus der Nase!“ Jan errötete regelmäßig in diesen Situationen.

Die schnelle Lösung des Problems sah meist wie folgt aus: Einmal kräftig und beherzt den Schnoppen hochziehen. Dies führte dazu, dass Moritz kichernd mit Karacho durch das gesamte Nasenloch flog.

Eine traurige Tatsache gab es allerdings auch. Moritz und Max hatten sich bisher noch nie gegenseitig besucht. Zu groß war die Angst dabei aus der Nase zu fallen.

Doch Moritz hatte heute früh beim Aufwachen eine grandiose Idee. Er rief aufgeregt zu seinem Freund: „Max, ich habe letzte Nacht geträumt, wie ich dich besuche!“ Sein Freund wurde neugierig und wollte mehr darüber erfahren: „Verrätst du mir wie du das geschafft hast?“

„Na klar! Wir können die Idee auch in die Tat umsetzen. Du musst mir nur eine wichtige Frage beantworten!“

Max sprang wie ein Flummi auf und ab vor lauter Aufregung. „Sind Jans Nasenhaare auf deiner Seite auch sehr lang?“, fragte Moritz. Sein Freund antwortete prompt: „Ja sind sie!“ Moritz fuhr fort: „Prima! Dann schnapp dir bitte so viel du kannst und ziehe sie aus der Nase. Ich greife mir das Büschel und verknote es mit den Haaren auf meiner Seite.“

Gesagt, getan. Und das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Eine kleine haarige Hängebrücke von einem Nasenloch zum anderen. Moritz nahm all seinen Mut zusammen. Vorsichtig betrat er die Brücke und machte einen Schritt vor den anderen. Jedes mal wenn Jan Luft holte, wackelte die Brücke wie bei einem Erdbeben.

Moritz war inzwischen fast auf der anderen Seite angekommen, da bewegte Jan die Hand gefährlich nah in Richtung Nase. Offensichtlich kitzelten ihn die verknoteten Nasenhaare auf denen zur Sekunde der Popel todesmutig balancierte.

„Los Moritz, beeil dich! Jan will sich kratzen!“ Seinem Freund schlotterten die Knie, denn auch ihm entging nicht, wie Jans Hand beängstigend schnell auf ihn zu kam. Er warf seine Vorsicht über Bord, nahm die grünen Beinchen in die Hand und rannte die letzten Millimeter zu Max.

Gerade als Jans Zeigefinger die Brücke berührte, griff Max seinen Freund am Arm und zog ihn blitzschnell zu sich ran.
Puh, geschafft! Das war knapp! Die Freunde fielen sich vor Erleichterung singend in die Arme.

Jan kratzte sich derweil so kräftig an der Nase, dass die Hängebrücke abriss und zu Boden rieselte.

Die beiden Popel schauten sich verdutzt an. „Du Moritz?“, fragte Max vorsichtig, „da dein Heimweg gerade zerstört wurde, möchtest du vielleicht bei mir einziehen?“ Sein Freund lächelte: „Das ist die beste Idee seit langem!” Max kommentierte grinsend: „Bis auf deine Idee mit der Hängebrücke. Die war auch super!“

Die beiden bastelten noch am selben Tag ein Tür-, oder besser gesagt, ein Nasenlochschild. Darauf stand:

Moritz und Max
– Die Untermieter –