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Kurzgeschichte
„Maik der Maikäfer“

„Maik, warte! Flieg doch nicht so schnell!“, rief ihm seine Schwester Suse hinterher. Doch Maik hatte das Käferhaus längst freudestrahlend verlassen und war zu weit weg, als dass ihn der gut gemeinte Rat seiner Schwester noch einholte.

Maik hatte durch Zufall vor ein paar Tagen in der Sonntagsausgabe des „Käfer-Kurier“ gelesen, dass die Filmfirma „Borken-Entertainment“ einen Junikäfer als Hauptdarsteller für ihren neuen Film suchte. Der Maikäfer war überzeugt, die einzig richtige Wahl für diese Rolle zu sein.

Es gab nur ein offensichtliches Problem. Maik war ein Mai- und kein Junikäfer.

Zwischen den beiden Tieren gibt es einen gewaltigen Unterschied: Maikäfer sind brünett und haben meist lässig über den Kopf gekämmtes, sehr kurzes Haar.
Der Junikäfer hingegen fällt durch langes blondes Haar auf.

Maik aber war überzeugt, das haarige Problem zu lösen. Denn wie der Zufall es so wollte, entdeckte er den Autor des Films. Der Mann saß mit ein paar Freunden laut lachend auf einer Wiese.

„Was für ein Gelage der guten Laune“, dachte Maik amüsiert. Er wusste, wenn er den Mann im richtigen Moment erwischte, nur für einen kurzen Augenblick, könnte er ihn von seinem schauspielerischen Talent überzeugen. Dann hätte hinterher kein Hahn mehr danach gekräht, dass Maik eigentlich ein Mai- und kein Junikäfer war.

Maik flog nervös mehrere Kreise um den Autor. Er ließ dabei gerade so viel Abstand, dass dieser ihn nicht als lästig empfand.

„Früher oder später muss der Mann auf die Toilette“, grübelte Maik vor sich hin. Und tatsächlich. Nach zwei nicht enden wollenden Stunden stand dieser auf, ging langsam zum Waldrand und erleichterte sich mit einem genüsslichen Räuspern. Maik flog hinterher.
„Wie mache ich nur auf mich aufmerksam?“, überlegte der Käfer und sah sich hektisch um.

Dann hielt er im Flug einen Ast fest, zog einmal kräftig daran und ließ ihn abrupt wieder los. Der Ast flog im hohen Bogen durch die Luft und peitschte mit voller Wucht in das Gesicht des Autors.

„Hey, was soll das?“, schimpfte dieser aufgebracht, während er vor Schreck nicht nur die Umgebung, sondern auch sich selbst „bewässerte“. Maik witterte seine Chance und flog direkt vor das Gesicht des Mannes. Dieser machte große Augen und sah ihn verdutzt an.

„Was bist du denn für ein kleines Kerlchen?“, fragte er grinsend.
„Ihr neuer Hauptdarsteller!“, stellte Maik sich selbstbewusst vor.

„Du bist brünett. Wir brauchen einen blonden Käfer!“, stellte der Autor knapp fest, während er sich am Hinterkopf kratzte.

Maik ließ nicht locker, klopfte sich zweimal ermutigend auf die Brust und legte mit voller Stimme los: „Sein oder nicht sein. Das ist hier die Frage!“
Der Gesichtsausdruck des Käfers war hoch konzentriert,
so dass sein linkes Augenlid unkontrolliert zuckte.

Der Autor war beeindruckt von so viel Mut und Engagement. Er ließ Maik auf seinem Handrücken landen und lächelte ihn an.
„Weißt du was, mein kleiner Freund, warum eigentlich nicht? Du scheinst Talent zu haben. Ich gebe dir eine Chance. Du hast den Job!“ Maik lachte vor Glück und verteilte unzählige Luftküsschen bei seiner Verabschiedung.

So wurde aus Maik dem Maikäfer, Jonas der Junikäfer
– mit blonder Langhaarperücke.