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Kurzgeschichte
„Nikos verrückte Idee“

Bono zupfte sich seine langen Schnurrbarthaare und stand mit verdutztem Blick vor der Kommode.

„Wo ist mein Gürtel?“, fragte er sich stirnrunzelnd, „er war doch eben noch da. Ich bin nur kurz eingenickt.“
Nachdenklich sank er auf den Stuhl. Seine Schlappohren fielen dabei in sein flauschiges Gesicht.
Bono war ein Hase, und zwar einer von der ganz putzigen Sorte.

Wenn er sich aufregte, wippte sein weiches Fell auf und ab. Die anderen Tiere im Wald schätzten ihn sehr. Immer wenn eines an ihm vorbeikam, musste es unweigerlich kräftig über seinen Kopf tätscheln und zuckersüß säuseln:
„Du bist aber niedlich!“
Bono mochte das überhaupt nicht. Er fühlte sich dann nicht richtig ernst genommen.

Der Hase liebte den grünen Gürtel. Sein Opa übergab ihn am Sterbebett.
„Pass gut auf ihn auf!“, hatte er damals in Bonos große Ohren geflüstert, „er hielt mir stets in jeder Situation treu die Hosen hoch!“ Aber nun war er weg.
Sowohl der Gürtel als auch Opa.

Der flauschige Hase zog hastig seine Cordhose an, die ihm ohne Gürtel etwas zu weit war. Er hielt sie mit seinen Pfoten fest. Socken brauchte er keine, da er Dank seiner behaarten Beine niemals fror. Schnell warf er sich eine Jacke über und verließ schnurstracks den Bau.

Bono hoppelte zum kleinen Bach hinunter, an dem die Rehe an einer flachen Stelle tranken.

Er stapfte zu ihnen hinüber und fragte aufgeregt: „Habt ihr meinen grünen Gürtel gesehen?“ Das kleinste Reh aus der Gruppe drehte sich zu ihm um.
„Ich glaube, Niko hat ihn geklaut!“, sagte es und zeigte spöttisch auf die karierte Schlange, die sich sofort ertappt fühlte und zischend innehielt.

Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu dem Hasen.
„Hallo Bono!“, zischte sie nervös, „ich habe ihn mir nur für heute Abend ausgeborgt. Ich bekomme Besuch von meiner Verwandtschaft und habe nichts Passendes anzuziehen.“

Bono zog nachdenklich an einem langen Schnurrbarthaar und fragte: „Wie willst du den Gürtel tragen? Du kannst dir als Schlange keine Hose anziehen!“

Niko grübelte. „Ja, ich weiß, was du meinst!“, entgegnete er.
„Ich habe es wohl nicht ganz durchdacht. Mit meinem Körper fülle ich ja nur ein Hosenbein aus.“ Bono lachte.
„Na siehst du! Dann kannst du mir den Gürtel ja zurückgeben!“ Die Schlange dachte kurz nach und verkündete dann stolz:
„Mir fällt etwas ein!“

Nun wurden auch die übrigen Rehe neugierig und hörten aufmerksam zu. Niko fuhr fort: „Mein Cousin Rudi müsste gleich hier sein.“ Bono schaute verständnislos und fragte:
„Was hat das mit meinem Gürtel zu tun?“ Die Schlange erklärte: „Wir schlüpfen beide in jeweils ein Hosenbein und schnallen anschließend den Gürtel ganz fest. So fallen wir nicht auseinander.“

Die Rehe lachten so sehr über diesen verrückten Vorschlag, dass sie sich der Reihe nach am Wasser verschluckten. Bono selbst fand die Idee so außergewöhnlich, dass er seinen Ärger vergaß und sich belustigt ins Gras setzte. Diesen Anblick wollte er auf keinen Fall verpassen.

Nach einiger Zeit trudelte Cousin Rudi ein.
„Rudi, können wir zusammen eine Hose anziehen?“, fragte die karierte Schlange aufgeregt. Sein Cousin antwortete prompt: „Indem wir jeweils in ein Hosenbein kriechen?“ Bono war fasziniert und dachte, dass es keinen Zweifel daran gab, dass diese beiden Schlangen miteinander verwandt waren.

Nach einem freudigen Zischen der Cousins setzten sie ihre Idee in die Tat um. Sie krochen jeder in ein Hosenbein und schauten anschließend vergnügt zu Bono. Der stand aus dem Gras auf und half ihnen mit dem Gürtel.

„Wer so eine tolle Idee hat, der muss belohnt werden. Ihr seht toll aus und könnt sehr gerne heute Abend meinen Gürtel tragen“, sagte der Hase und verabschiedete sich.

Niko lächelte glücklich und schlich mit seinem Cousin davon.