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Kurzgeschichte
Die Zerstalter

Es roch nach feuchtem Moos. Ich schlug langsam meine Augen auf. Meine Zäpfchen und Stäbchen waren angeschlagen. Anfangs nahm ich meine Umgebung nur in RGB wahr.

Als mein Blick durch den Raum wanderte, wurde mir klar, dass ich in einer Rasterzelle gefangen war. Um meine ansteigende Furcht zu unterdrücken, setzte ich meine Ebenenmaske auf, die SIE mir gelassen hatten. Die Nacht muss unruhig gewesen sein und ich verspürte einen stechenden Schmerz in meiner Symmetrieachse (von meinen Punzen mal ganz abgesehen.)

Seit Tagen hatte ich keine Nahrung mehr zu mir genommen. Was würde ich jetzt für einen Apple tun. Ich hatte nur zwei kleine Näpfchen angebracht an einem Steg auf der Erde stehend.

Einige Inch vor meiner Zelle gingen zwei Männer entlang und unterhielten sich in steigender Tonwertzunahme. Der eine hatte ein ziemliches Rosettenmuster am Hintern. Oben durch die Decke kam kaum Licht, nur ein kleines Spitzlicht war zu sehen.

Plötzlich ein stechender Schmerz in meinem Nacken. Mit zitternden Fingerspitzen tastete ich vorsichtig meinen Nacken ab. Oh nein, sie hatten mich mit einer Druckkennlinie markiert. Wenn das Gefängnis gut vernetzt ist und ein Workflow-Management-System besitzt, können sie mich jederzeit auswerten. HIGH PRINTELITY NOCHMAL, dachte ich.

Mein Rücken war ebenfalls durch mehrere Rückstichheftungen verletzt, oder war es sogar eine Drahtstichheftung? Ich war verwirrt…

Wahrscheinlich hatten sie mir auch einen Chip auf Halbleiterbasis implantiert. Die sollen angeblich am schlimmsten sein.

An den Zellwänden waren lauter Binärziffern eingeritzt. Es waren wohl schon Menschen vor mir hier. Ich machte erstmal eine Blaupause und ließ mich auf den Boden sinken. In meinem Bauch war sehr viel Flüssigkeit, ich müsste dringend mal booten, dachte ich so bei mir. Aber jetzt erstmal ruhig Blut und runterfahren.

An der Wand hing ein dichroitischer Spiegel. Nein… damit würden sie mich nicht reinlegen. Ich zog meinen kleinen Polygonspiegel aus der Hosentasche und betrachtete mich darin. Oh Gott, lauter Druckkontrollstreifen in meinem Gesicht. Was haben sie nur mit mir gemacht? Auf meiner Nase hatte ich einen Elliptischen Punkt und entrastern müsste ich mein Kinn auch dringend mal wieder.

Gegenüber von meiner Zelle konnte ich einen Thermosublimationsdrucker erkennen. Damit wurden die Menschen schon im Mittelalter auf brutalste Art und Weise gefoltert. Was hätte nur mein alter Freund Gutenberg in so einer Situation getan? Gut, er war sicherlich nicht der Schnellste und manchmal hatte man auch das Gefühl, seine Knochen wären aus Blei.

Die beiden Männer kamen an meine Zelle. Der eine hieß Java und der andere Kelvin. Ich merkte gleich, dass sie nicht von hier waren. Sie drohten, wenn ich nicht ihren Befehlen folgte, mich windelweich zu interpolieren. Sie schleppten mich hinter sich her und setzten mich vor eine Kathodenstrahlröhre. Den Mund mit einer geschickten Klebebindung außer Kraft gesetzt. Java zog eins seiner Beine hinter sich her. Mir wurde einiges klar, er hatte ein Falzbein. Geschah ihm nur Recht.

Ich bekam Schweißausbrüche und bat um eine Kompression. Vergebens! Sie sagten, sie hätten nur LZW Kompressionen da, aber ausgerechnet gegen die war ich allergisch. Sie fragten mich, warum ich Beschnittmarken im Gesicht hätte. Als wenn das etwas Schlimmes wäre… jeder kann sich doch mal beim Rasieren schneiden.

Plötzlich roch es nach Ries. Ein hölzerner Geruch lag in der Luft. Ich erschrak und warf mich aus Angst vor Feuer zu Boden. Die Männer dachten ich wollte fliehen und zogen eine Waffe. PENG!!! Ein glatter Durchschuss…, ich rannte um mein Leben, stieß mich an einer Schnittkante, sprang über eine Schmalbahn und durchquerte einen Kanal.

Unterwegs verlor ich meine lieblings Serife, die mir schon so viel Glück brachte. Kurz sah ich zurück. Die Männer waren jetzt zu Dritt. Ein finster schauender Trimmer kam zur Verstärkung. Ich begann wie wild an zu umschlagen, fiel hin und umstülpte mich einmal um mich selbst.

Ich konnte die Vordermarken schon sehen, der Ausgang war zum Greifen nah.

Geschafft. Ich konnte entkommen. Glücklich machte ich drei Passkreuze.